Sonntag, 28. Januar 2018

Was übrig ist

Keine Sehnsucht mehr
die mich quält
Kein nagender Hunger
der mir die Ruhe nimmt

Nur noch der Schatten
eines leisen Bedauerns
weil uns nichts geblieben ist
obwohl da so viel war

Weil wir das Geschenk
das uns in den Schoß geworfen wurde
nicht anzunehmen wussten

Wir sind grandios gescheitert
und haben uns damit abgefunden
weil es auch so geht

Was bleibt, ist ein leises
Bedauern


Donnerstag, 4. Januar 2018

Satanische Verse

Der Teufel ist auch nicht mehr das
was er mal war
Blass kommt er daher und verbraucht
Beinahe tut er mir leid

Vielleicht konnte er das heilige Gelaber der Engel
nicht mehr ertragen
Es wäre ihm nicht zu verdenken
Langeweile zermürbt

Oder er wurde seiner selbst überdrüssig
und ist in Schwermut verfallen
Das kommt in den besten Kreisen vor
So mancher arme Teufel teilt sein Los

Nicht, dass ich ihn nicht mehr fürchtete
Ich weiß, mit einem Handstreich könnte er
mich auch jetzt noch vernichten
wenn er wollte

Aber das Vergnügen daran ist ihm vergangen
Was soll Luzifer mit Seelen
die auch ohne ihn gelernt haben
ihr Licht zu tragen?

Ihm bleibt nur noch die Dunkelheit






Sonntag, 17. Dezember 2017

Engel der Nacht

Die dunkle Materie ist es
die uns den Schlaf raubt

Mitten unter uns
und doch gerade außerhalb unserer Reichweite
lockt sie mit dem verheißungsvollen Versprechen
einer anderen Dimension

Und wir sehnen und verzehren uns voller Gier
Fühlen wollen wir, sehen, riechen, schmecken
was sich – so nahe und doch ungreifbar –
vor unserem brennenden Blick verbirgt

Die dunkle Materie ist es
die uns nicht zur Ruhe kommen lässt
Oder der unwiderstehliche Sog
unseres eigenen Abgrunds






Samstag, 2. Dezember 2017

Advent

Finster ist es und kalt
Die Raben singen ihr Winterlied

Advent, nennen es die Menschen
Ich frage mich, worauf sie warten

Was wir ersehnen, ist längst geschehen
und wirkt in uns fort
In mir jedenfalls

Einige von uns können es spüren
Andere nicht
Sie warten immer noch

Die Raben wissen es besser
Es ist nichts als Winter

Grausamer, trostloser, unendlicher Winter
Da müssen wir durch

Mittwoch, 15. November 2017

Am siebenten Tag

Erst, als es keine Zukunft mehr gab
nur noch Vergangenheit
hörte sie auf
nach neuen Ufern zu streben

Sie blieb stehen
und blickte sich erstaunt um
War das wirklich die Welt
die sie erschaffen hatte?

Lange betrachtete sie ihr Werk
Sie sah, dass es gut war
Und nach all der Zeit fand sie endlich
zur Ruhe


Samstag, 11. November 2017

Wenn der Wind weht

Es ist nur der Föhn
der an mir reißt
Was sollte es auch sonst sein?

Nur der trügerisch warme Wind
der sich hinter der Sonne versteckt
und uns die Blätter wegnimmt
und das, was von Sommer noch übrig war

Ich habe schon ganz anderes überstanden
Feuersbrünste, die mich versengten
Sintfluten, die mich wegzuschwemmen drohten
und die große Leere, die nach mir griff

Diesmal ist  es nichts
Nur der Föhn



Freitag, 3. November 2017

Verwerfungen

Seltsam
dass sich dann doch immer wieder
ein Abgrund vor mir auftut

Sie sind nicht alle gleich tief
Manche kaum mehr als Gruben
mit weichen Blättern gepolstert
Andere klaffen scharfkantig und böse
und wenn ich mich vornüber beuge
versinkt mein Blick im Bodenlosen

Was wollen sie von mir
diese hinterhältigen Erdspalten
die mir unversehens den Weg verstellen?

Habe ich es nicht verdient
auf ebenen Pfaden zu wandeln
weil ich Schuld auf mich lud
in Gedanken, Worten und Werken?
Wäre mir langweilig
ohne den Reiz der Gefahr?

Oder zwingt mich das Schicksal, zu beweisen
dass ich noch springen kann
und fliegen?