Samstag, 22. Januar 2011

Lux nocturna

Selig die Nacht
in der der Engel dich
an der Hand nimmt
und durch deine Träume trägt
zärtlich bedacht
dass du den Boden nicht berührst
der tief unter dir blutet

In deinen Visionen lebt
eine andere Welt
gezeichnet von der Schuld
der Menschheit
doch von der Last des Geistes
frei

Unter dem Tasten deiner Flügel
erwachen Farben,
Stimmen, Düfte
die andere vor dir gefühlt
und die doch nur
die deinen sind

Zuweilen sprengt die Angst
- bei Tag dein frommer Untertan -
jenseits der Grenze
alle Ketten
Die Liebe ist
nirgends so blind
wie hier

Was dir das Licht
der Wirklichkeit
an Reichtum schenkt
verdoppelt dir
der Mond
mit seinen Gaben
jede Nacht

Am Ende deiner Reise
blickst du zurück
auf zwei gewundene Pfade
- der eine hell, der andere dunkel -
die unter deinen Sohlen
sich vereinen
in der Erinnerung

Samstag, 1. Januar 2011

Jahreswechsel

Silvester
wäre ein Anlass
mich zu besinnen
auf jene Augenblicke
im letzten Jahr
die mein Inneres
in warmes Glück getaucht
zu danken für
die Menschen
deren Liebe mich
in lichte Höhen hob
und für die vielen Kelche
welche gnädig
an mir vorbei gegangen

Jedoch Silvester
ist das Fest
an dem wir nur nach vorne blicken
in eine Zukunft
die uns alles bringen kann
an Wonne oder Qual
was unsere Phantasie
sich nicht erdenken
und unsere Logik nicht
errechnen kann

Wie werd ich
nächstes Jahr
um diese Zeit
vor meinem Leben stehen
Werde ich danken können für das
was mir die Zeit gebracht
oder hadern
mit dem dunklen Schicksal
das mein Blatt gewendet hat

Das Jahr liegt vor mir
wie ein weißes Bild
Es ist nicht nur an mir
ihm Farbe oder Form zu geben
So danke ich
in aller Demut und Bescheidenheit
dem, der die Last des Wissens
von meinen Schultern nahm
Und mich voll Hoffnung
in eine unbekannte Zukunft
blicken lässt

Begegnungen

Wenn ein Blick
meinen Atem
ins Stocken bringt
Und das, was sein könnte
einen Wimpernschlag lang
wichtiger scheint
als das, was ist

Wenn zwei Geister
für den Bruchteil
einer Sekunde nur
im Raum einander finden
und verstehen

Dann fühle ich
dass es nur Zufall ist
der uns den Rahmen gibt
in dem wir ohne Fragen
uns bewegen

Dass jede Möglichkeit
die wir zum Sein erwecken
aus einer Fülle von Ideen
ans Licht getreten ist

Und jedes Leben
welches ungelebt
im Universum außer uns verhallt
als stiller Schatten
unsere Sehnsucht nährt

Wie einfach ist es
alles und auch nichts
in einer Hand zu halten
und Sein mit Nichtsein
in einem Leben zu versöhnen
bis dass der Tod sie scheidet
in ewig gnädiger
Beliebigkeit