Samstag, 24. Juli 2010

37 Stunden

Es braucht kein Handeln
keine Tat, keine Entscheidung
um einen Sprung zu tun
in parallele Welten

Ein sanfter Schlaf
geborgen in der Unschuld eines Kindes
im Traum, ein Lächeln auf den Lippen,
gleitest du ganz allmählich tiefer

Und dann, im Bruchteils eines Augenblicks
tut sich die Tiefe auf mit bösem Grinsen
brutaler Aufprall in der neuen Wirklichkeit
dein Schreien, es entstammt schon
einem dunklen Universum

Und wie ein Stein im Wasser seine Kreise zieht
entfalten sich aus deinem Fallen neue Welten -
wieviele sind es
kann ich sie ertragen
und muss ich jede leben
mit einem Zipfel meines Seins?

Ich sehe sie vor mir gefächert
trotz ihrer schwarzen Farbe quälend scharf
mein Kind gestorben
unheilbar verletzt
geistig entrückt
Nie wieder ihre Stimme hören
wie sie in klaren Sätzen spricht
nie wieder ihre kleine Hand in meiner halten
oder doch nur die Hülle lieben
die mir bleibt von diesem wilden Wesen
das jetzt in dumpfen Schreien vegetiert

Doch während meine Seele
im Feuer dieser Bilder brennt und bröckelt
entfaltet sich, unter den Welten zufällig gewählt,
die eine Wirklichkeit
fast zu erträglich, um an sie zu glauben
zu flüchtig noch, um auf dem festen Grund des Wissens
ein Haus aus Dankbarkeit zu bauen

Es gilt, zu handeln und zu funktionieren
kein Denken und kein Fühlen ist erlaubt
Es gilt, die neue Welt als meine zu erkennen -
merkwürdig nur, wie leicht das geht
wie willig sich die Seele beugt unter das Joch

Dann wieder, diesmal wohl gesteuert,
ein Sprung durch Wirklichkeiten
der Schock fast größer als beim ersten Mal
Zwei Tage durch die Zeit und ihre Universen
zwei Tage durch die Schichten meines Seins gereist
zwei Tage, die mir meine Unschuld genommen haben und
die Unbefangenheit

Für immer werd ich leben mit den Bildern
von jenen Wirklichkeiten, an denen ich
mich versündigt habe durch meine leichte Flucht
für immer wird an mir das Leiden jener haften
die in der parallelen Welt zurückgelassen sind

Schwer wiegt die Schuld des Ichs
das seinem Schicksal feig
entronnen ist

Freitag, 23. Juli 2010

Kampf der Titanen

Dein Mund voll Blut
die Augen leer
dein Stammeln aus der Tiefe ferner Welten
in wildem Zorn schlägst du und trittst
nach denen, die dir helfen

Die Fesseln, noch so fest gezurrt,
sie weichen deinem Zerren
die Nadeln finden nicht ihr Ziel
wie Schall und Rauch verpufft der Dampf
der dich in Morpheus' Arme ruft
du gönnst dir keine Pause

Und wehrlos weichen wir
vor deiner Leidenschaft
schon lange haben wir gelernt
uns stumpf und stur dem Schicksalsspruch zu fügen
Du bäumst dich auf mit jener Kraft
die dir von drüben mitgegeben war ins Leben
verweigerst dich den Göttern
als deren brave Diener wir
dich zu halten suchen

- Ich bin ein Mensch -, schreist du
Gebet oder Beschwörung
du bist ein Mensch
ein Blatt im Wind
und ich verdammt zum
stummen Zeugen deines Falls.

Donnerstag, 8. Juli 2010

Übergänge

Meine Wunden
bluten
mich aus mir hinaus
in eine andere Welt

Wie werden sie verkannt
die Boten des Unendlichen
wie werden sie gefürchtet
ganz ohne Grund
denn Angst erwächst nur aus
Erstarrung

Dort, wo lebendig
mein Wesen über Grenzen geht
wo jede Wunde mir
den Weg zur Wahrheit weist
dort find ich eine Fülle und
Erleuchtung
die ich in meinen engen Wänden
nicht einmal träumen kann

Samstag, 3. Juli 2010

Bazar

Ein weiterer untauglicher Versuch
dich zu bestechen
Erfüllst du mir noch diesen einen Wunsch
- der, das halt ich mir zugute,
nicht meiner selbst gewidmet ist -
wenn ich verspreche,
dann an dich zu glauben?

Was willst du noch von mir,
die nichts zu bieten hat?
Was kann ich geben, um noch
etwas zu erlangen?

Wenn es mir möglich ist,
dein Fordern zu erfüllen,
dann lass mich wissen,
welchen Preis ich zahlen muss.
Ich werde ihn nicht gern begleichen

Doch werd ich's tun im Wissen,
dass ein jedes Wunder
teuer erkauft sein muss.

Freitag, 2. Juli 2010

Geständnis

Ich hab mich überschätzt
und bin dir fern geworden
in meinem Opfer
so wie ich mich von vielen
vor dir entfernt

Im Glauben an den Auftrag
blind dem Appell gefolgt
nichts ahnend von dem existentiellen Ausmaß
an Vernichtung
das meine Treue mit sich bringt

Noch weißt du nicht
in welchen Tiefen
sich mein Sinn bewegt
Noch wähnst du dich
aufrechter Liebe sicher

Mögest du nie erkennen
dass jede Tat nur Pflicht
und jedes Wort nur Mitleid war
seitdem du mich
unter dem Banner unsrer Freundschaft
vernichtet hast

Donnerstag, 1. Juli 2010

Unterwegs

Regen fliegt mir entgegen
explodiert in bunten Kaskaden auf meiner Haut
Wasser getränkt von Sonnenlicht
die Natur im Champagnerrausch

Aus der Zeit gerissen
von der Ordnung des Alltags befreit
die leichte Eleganz des Chaos
streift mich mit warmen Fingern

Beruhigt
die Vergänglichkeit des Vergangenen hinnehmen
die Belanglosigkeit des Gegenwärtigen genießen
Frei in der Unvorhersehbarkeit des Kommenden

Gelassenheit findest du
nie am Ziel
sondern immer nur am
Rande des Weges.