Samstag, 31. Oktober 2009

Gebet

Du setzt die Regeln
Natürlich, so steht es geschrieben
Der Spielleiter leitet das Spiel
Er hat es schließlich erfunden

Brot und Spiele
in der preiswerten Großpackung
heute nur für zehn Gebote
was ist das schon
so billig wird’s nie wieder

Brichst das Brot mit
und den Stab über mir
Reichst mir den Kelch
statt ihn vorbei gehen zu lassen
Wir sitzen alle an einem Tisch

Die Kegel fallen
Schwarz gegen Weiß
Was ist schon ein Bauernopfer
wenn selbst der stolze Turm zu Babel fällt

Wer Ohren hat zu hören, der höre
aber selektiv, sonst gilt es nicht
Blind sollst du glauben
und stumm hören
denn jedes deiner Worte
brennt im gnadenlosen Feuer
des zweiten Gebots.

Der Spielleiter ruft zur nächsten Runde
und die Lämmer folgen ergeben
Weide oder Schlachtbank
was macht das schon
solange jemand ruft
und wir uns fügen können

Amen

Freitag, 30. Oktober 2009

Mensch ärgere dich nicht

Es muss wohl so sein,
dass jemand sagt,
es ist zu viel,
wir machen Pause,
du darfst aussetzen.

Der Spielleiter -
wo bist du?
Wie soll das Spiel
ohne dich
weiter gehen?

Der wirklich böse Trick:
Es geht weiter
auch ohne dich.

Wer hätte das gedacht?
Wer hätte das gewollt?

Und wenn ich dich
einfach
hinaus werfe?
Setzt du dann
einmal aus
und würfelst wieder
einen Sechser?

Oder verschwindest du
von der Bildfläche?

Wir werden sehen…

Samstag, 17. Oktober 2009

Aus der Luft gegriffen

Ein Stückchen schlendern
durch’s nächtliche Wien.
Der Kragen hochgeklappt, aber
der Schirm in meiner Hand abgespannt.

Mich vom Regen küssen lassen
Seine Liebkosungen kitzeln
spitzfringrig meine Wangen,
prickelnd vertraut.

Der Klang einer Straßenkapelle
zieht mich auf den Graben
blind der Verlockung gehorchend
wie die Marionette dem Faden.

Im Eingang von Paul & Shark
drei alte Männer
verzaubern die Welt.
Die Häuser schimmern bunt
im Licht ihrer Lieder.
Meine Seele swingt leicht
im Takt.

Stehen bleiben
die Augen schließen
und fühlen, wie die Töne
auf meiner Haut schmelzen
wie frisches Erdbeereis.

Fünf Euro in die Sammelbox –
ist das der Preis für Glück?

Nach einer halben Stunde
mit aufgeladenen Batterien
meiner Wege gehen
federnden Schrittes
ein paar Zentimeter
über dem Boden.

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Halloween


Im alten Schloss ist Geisterstund
hurra, hurra.
Gespensterjagd in euren Liedern,
ein fröhlicher Hexentanz,
es halloweent schon.

- Wer ist das da am Fenster? -
- Wie heißt er? -

Überlegen lächeln
trotz der Gänsehaut

- Da ist niemand. -

Ich will’s nicht wissen,
und wüsste ich’s,
würd ich’s nicht sagen.
Nicht jetzt schon.

Im alten Schloss ist Geisterstund
hurra, hurra.
Noch könnt ihr darüber lachen.
Noch.

Montag, 12. Oktober 2009

Overload

aus
ge
powert
durch
ge
brannt
kaputt
leere Augen
Spiralen im Kopf
Feuer im Rücken
burn
out
give
up
wenn ich nur aufhören
könnte
könnte
könnte
...

Dienstag, 6. Oktober 2009

Illusion

Morgen
werde ich
alles erledigen,
was ich heute liegen ließ;
alles genießen,
was ich heut übersehen;
alles erinnern,
was ich heute vergaß.

Morgen
verzeihe ich dem,
der mich heute verletzte;
knüpfe das Band,
das ich heute löste;
kehr ich zurück,
von wo heut ich geflohen.

Morgen
will ich
leben, was ich heute
träume;
lieben,
den ich heute mag;
glauben,
was ich heut bezweifle.

Morgen
bin ich kein Gedanke
kein Pulsschlag mehr
im warmen Bauch der Menschheit;
untergegangen im Meer
des Gewesenen.

Morgen –
des Menschen schönster Fluch
und größter Selbstbetrug.

Sonntag, 4. Oktober 2009

Herbstzeitlosen

Einst
war der Herbst
voller Nebelgespenster.

Ein Grau, das
gefräßig ins Innere drängt
mit dem Schwarz deiner Seele
sich vermählt
zu einem Loch, das sich selbst
verschluckt
und nichts lässt als
trockene Leere.

Jetzt
leuchtet der Herbst
in den Farben deiner Musik.

Spürst du im Rücken noch
den warmen Schein der Sonne,
der nach Kastanien riecht
und nach Kinderlachen.

Ein Weg, der
die Verheißung des Zieles
in sich trägt.
Und eine kleine Hand
in deiner.

An meine Freundin

Ich falle –
du stemmst dich dagegen.
Und so zart du bist,
es hält.

Meiner Tränen
muss ich mich nicht schämen,
weil ich sie bei dir
geborgen weiß.

Suche ich, so hilfst du mir
meine Wahrheit finden.
Sind wir glücklich,
feiern wir ein Fest.

Und auch ich
bin steter Gast in deinem Leben.
Tief hinein in deine Nöte, deine Ängste
holst du mich.

Ich darf dich fangen,
deine Kriege führen,
ein Stückchen kosten auch
von deinem Glück.

Unsere Welten
fließen ineinander
wo jedes Geben
auch ein Nehmen ist.

Und wir wissen,
über jedem Abgrund liegt ein Netz –
kompromisslose Freundschaft,
die trägt.

Reisende

Heimkehren
von einer langen Reise.
Die Koffer abstellen
den Staub aus den Kleinern schütteln.

Die Fenster öffnen,
damit der frische Wind von heute
die Alpträume von gestern vertreibt.

Spinnweben abstreifen
von Gegenständen, die einst geliebt.
Erinnerungen aus den Ecken holen
und sehen, ob sie noch lächeln.

Mit neuem Blick die alte Welt erfassen
erleichtert
und ein bisschen enttäuscht,
weil alles noch an seinem Platz –
hattest du weniger
oder mehr erwartet?

Und schließlich dann
auf deinen Lieblingssessel niedersinken
und zur Ruhe kommen
– endlich –
denn du bist zuhaus.