Montag, 30. Januar 2017

Niemals

Im Aufgeben
bin ich schlecht
Flirte ich noch so heftig
mit der Dunkelheit
das Licht am Ende des Tunnels
erreiche ich immer
irgendwann

Selbst meine heimliche Geliebte
die namenlose Traurigkeit
vermag mich nicht auf Dauer
in ihren tränenschweren Schoß zu bannen
Selbst ihrer sinnlichen Umarmung
entwinde ich mich
irgendwann

Denn in mir glüht ein Funke
den nichts zum Schweigen bringt
der daran glaubt
dass Wunden heilen
und über Gräben Brücken führen
und dass das Eis schmilzt
irgendwann

Ein Hoffnungsjunkie bin ich
In meinem Lebenswillen unverbesserlich
und unbeirrt auf meiner Bahn
füg ich mich nicht
der Resignation
und geb nicht auf
Niemals 

Montag, 23. Januar 2017

Traumwandlungen



Ja.
Träume werden wahr.
Nicht immer alle
nicht immer freiwillig
nicht immer sofort.
Aber wenn du ihnen Zeit lässt
und den Glauben nicht verlierst
werden sie eines Tages
in dein Leben treten.

Manchmal sehen sie ganz anders aus
als du erwartet hattest
oder kommen aus einer anderen Richtung
und du erkennst sie zunächst gar nicht.
Aber sie kennen dich
und sie finden dich
wo du auch bist.

Dann liegt es an dir
aus Luftschlössern ein festes Haus zu bauen
in dem sie wohnen können.
In deinem kleinen, bequemen Alltag
werden sie nicht Platz genug finden
dort wird es ihnen bald zu eng.
Darum, wenn du nicht willst
dass sie verkümmern und ersticken
baue groß!

Mittwoch, 18. Januar 2017

Retrospektive



Eines Tages
werde ich auf der Schwelle stehen
und zurückblicken

Mag sein
dass mir dann
so manches leid tut
dass ich einiges bereue
dass mich ein Anflug
von Scham überkommt

Aber niemals werde ich
beklagen müssen
dass es zu wenig war
Dass ich zu blass gelebt
zu seicht gefühlt
zu leise genossen habe
Dass mir das Schicksal Wesentliches
vorenthalten hat

Ich werde es vor mir
ausgebreitet sehen
all das grenzenlose Glück
den hemmungslosen Schmerz
die leidenschaftliche Trauer
die unbändige Lust
all das Hoffen und Sehnen
und Lieben und Hadern
das aus mir heraus
und in mich hinein geflossen ist
über die Zeit

Ich werde nicht Bilanz ziehen
denn ein Leben lässt sich nicht
in Zahlen messen
Aber ich werde erkennen
wie viel es war

Und vielleicht werde ich dann
an meinem letzten Tag
endlich zufrieden sein

Samstag, 14. Januar 2017

Von Jägern und Sammlern



Da stehen sie nun schön geordnet vor mir
wie Zinnsoldaten in Reih und Glied
all die Trophäen
die ich gesammelt habe
im letzten Jahr

Die Orden und Pokale
die ich entgegennehmen durfte
- herzlich wenige in jüngster Zeit -
wie auch die Male der Wunden
die mir geschlagen wurden
- auch ihrer nicht viele
aber dafür tief

Wohlwollend betrachte ich sie
diese unvergänglichen
Zeugen meiner Existenz
Alle sind sie mir willkommen
keines will ich missen
die hellen nicht und nicht
die dunklen

Sicher halten manche es für seltsam
dass ich Wunden sammle
wie andere Urlaubsfotos oder Steine
Und doch verlangt es mich danach
ihr warmes, dichtes Blut zu schmecken
obwohl es meines ist
das Leben unter der Haut zu spüren
und auf die Jagd zu gehen
nach dem Absoluten
das unerreichbar scheint
und unerreichbar ist (oder doch nicht?)

Und ja, ich weiß
Mädchen sollten Blumen pflücken
nicht jagen
Doch bin ich lange schon
kein Mädchen mehr
Und Blumen duften nur für kurze Zeit
bevor sie welken und vergehen
Meine Narben aber
die bleiben mir
für immer