Montag, 31. Oktober 2016

Cold Turkey

Schon immer war ich
eine Suchende
hungrig nach Liebe
maßlos

Schon immer hat jede Grenze
nach mir gerufen
auf dass ich sie durchbreche
weil das Terrain dahinter
so verlockend ist

Schon immer waren meine Gedanken
meinen Taten
drei Schritte voraus
mindestens
Und ich hab jeden Schritt genossen

Jetzt soll ich sie
wieder einsperren
die Geister, die ich rief
und stoß mich blutig
an ihrem Widerstand

Ja, sie hat mich
noch immer
fest im Griff
die Lebensgier

Freitag, 28. Oktober 2016

Tabula rasa



Eine weiße Fläche

Für jungfräulich könnte man sie halten
wären die Schatten nicht
die auf ihr tanzen
wohnte nicht ein
grenzenloser
schemenloser
hoffnungsloser
Schmerz in ihr

Eine weiße Fläche
die nichts mehr bietet
und nichts verspricht
die nichts für mich bereit hält
weil alles schon
vergangen ist

Und doch
trägt mich das Wissen
dass ich eines Tages
in ferner Zukunft
oder naher
den Pinsel nehme
und mit neuen Farben
diese leere Welt
zum Leuchten bring
auf dass sie wieder atmet
auf dass ich wieder darin
leben kann

Mittwoch, 26. Oktober 2016

Abschied

Manche von uns fallen
Lügen zum Opfer
Andere
der Wahrheit

Dem Schmerz ist es egal
Er nimmt
was er kriegt
und fragt nicht
woher

Was du nicht leben kannst
musst du lassen
Dankbar für Gewesenes
den Kampf einstellen
Raum schaffen
für den Verzicht

Wenn alle Karten ausgespielt sind
steh auf und geh
Die Hoffnung hat jetzt
keinen Auftrag mehr
Was bleibt
ist die
Erinnerung

Freitag, 7. Oktober 2016

Die andere



So viele Jahre lang
hast du mich
ruhig gestellt
mich weggesperrt und
angekettet
ganz tief im Keller
wo auch noch die reinste Seele
ihren Schmutz versteckt

Nicht rühren
durfte ich mich dort
nicht aufbegehren
Nur aus der Ferne
konnte ich verfolgen
wie du nach deinen Idealen lebtest
so ahnungslos und frei von Schuld
in selbstgefälliger
Unfehlbarkeit

Doch jetzt
schlägt meine Stunde
Und du bist still
Denn du warst unachtsam genug
das Steuer loszulassen
Und jetzt
hab ich es in der Hand

Erst dehn ich meine Glieder
die noch die Schatten ihrer Fesseln tragen
und richte mich zu voller Größe auf
Dann hält mich nichts mehr
ich greif tief hinein ins Leben
und koste seinen Nektar
und trink von seinem Gift

In jeden Winkel richt ich meine Fackel
zu sehen
was mir sonst verborgen war
Was kümmern mich die Funken
die von ihrer Flamme springen
denn was verbrennen soll
verbrennt

So wandle ich
erschaffend und vernichtend
in meinem dunklen Paradies
Und ruf ein jedes Ding bei seinem Namen
denn Schmerz ist Schmerz
und Blut ist Blut
und nichts davon geht mir verloren
weil ich auf nichts davon verzichten kann