Montag, 21. Dezember 2009

Weihnachtswahnsinn

Wenn die Wünsche alle Grenzen sprengen
und als erste Bastion die Vernunft fällt

Wenn der Stern sein Licht schluckt
um es unvermutet dort wieder auszuspucken
wo es nicht hingehört

Wenn das Wann und Wo und sogar das Warum
hinter dem Wer und Was verblasst
bis nichts mehr bleibt von der großen Frage

Wenn das Lächeln verdorrt und
das Weinen verebbt und
wir in unser Leben hinein schauen
wie frierende Wanderer in die warme Hütte
von außen

Wenn jedes Gefühl schal wird im Feuer
einer zehrenden Sehnsucht
nach dem letzten Rausch,
der Himmel und Hölle vereint
von dem wir nichts wissen dürfen
an den wir nicht denken dürfen
der nur als Ahnung in uns wühlt
von der Unendlichkeit


Dann muss wohl wieder
Weihnachten sein.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Ein Märchen aus alten Zeiten

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten,
dass ich so traurig bin.
Mit dieser Frage begann ich
vor 16 Jahren - oder waren es 100? -
ein Gedicht.
Und heute noch gehen
die alten Zeilen mir manchmal
nicht aus dem Sinn.

Das Leben hat mich gelehrt,
nicht nach den Gründen zu fragen.
Zu tief das Dickicht der Psyche,
zu drohend der Schatten
des Minotaurus darin.
Wo ich mich einst verlor
in Labyrinthen
zerschlägt meine Klinge heute
mit kräftigem Hieb das Gestrüpp.
Wie sicher wandelt es sich und wie ruhig
auf dem kühlen Boden der Ratio –
kaum federt jetzt noch mein Tritt.

Und doch gibt es Tage,
da möcht ich
hinüber zum Felsen sehen
und wie in alten Zeiten die Schiffer
mit süßer Musik im Blut
in blinder, verdammter Ekstase
an der Frage zugrunde gehen.






Inspiriert von Heinrich Heines "Loreley"

Mittwoch, 2. Dezember 2009

Vollmond

Wenn der Mond
mit kühlem Lächeln
zwischen den Wolkenfetzen lauert,
ist es wieder einmal so weit.

Eiszapfengleich prasseln
seine Fragen
auf mich herab.
Bohren sich mit scharfen Krallen
durch meine dünne Haut
so leicht
fast schon verächtlich.

Schutzsuchend verkriecht sich
mein Äußeres nach innen,
wo warm und weich
und ohne Gegenwehr
die Antworten zuhause sind.

Der kalte Strahl
kennt kein Erbarmen
nichts hält ihm stand
nichts hält ihn auf.

In Demut muss ich stehn
und hoffen,
dass genug übrig bleibt
für einen neuen Tag.

Grenzgänger

Reisen
zwischen den Welten
ein Traumwandler
immer hart an der Grenze.

Wie in den Mutterschoß
schmiegst du dich
in dein Zuhause
geborgen und warm
Gibst lächelnd dich hin
dem Trug der Unendlichkeit

Bis eines Tages
die kalte Woge
dich unversehens hinüber spült
in die große Leere
die alles in Frage stellt

Ein Schrei, der
in deinen Ohren hallt
verloren zwischen Wirklichkeiten
die einander
nicht ausschließen.

Sonntag, 22. November 2009

Schlaflied

Du schläfst
den Schlaf der Schuldlosen.
Dein Atem so ruhig,
kaum zu erahnen
das Heben und Senken der kleinen Brust.

Vertrauensvoll
arglos
gibst du dich hin
dem, was da kommen möge.
Geborgen ruhst du noch
im Glauben an das Gute.

Ich sitze neben dir
und schau dich an.
Und meine Angst malt dunkle Bilder
auf deine weichen Wangen
von Schmerz und Blut
und bösen Geistern,
die auf dich warten dort,
wohin ich dich nicht mehr begleiten kann.

Wie gerne würde ich dich tragen
den langen Weg
bis hin zum Horizont
Dich schützen
vor dir selbst und den Dämonen
und allem, was da lauert in der Nacht.

Und doch bleibt mir nur diese Stunde
der Dämmerung
am Rande deines Betts.
Ich sitze neben dir
und schau dich an.
Und Angst zerreißt mein Herz
vor jenem Tag,
der dir die Augen öffnen
und deinem Schlaf
die Unschuld nehmen wird.

Samstag, 31. Oktober 2009

Gebet

Du setzt die Regeln
Natürlich, so steht es geschrieben
Der Spielleiter leitet das Spiel
Er hat es schließlich erfunden

Brot und Spiele
in der preiswerten Großpackung
heute nur für zehn Gebote
was ist das schon
so billig wird’s nie wieder

Brichst das Brot mit
und den Stab über mir
Reichst mir den Kelch
statt ihn vorbei gehen zu lassen
Wir sitzen alle an einem Tisch

Die Kegel fallen
Schwarz gegen Weiß
Was ist schon ein Bauernopfer
wenn selbst der stolze Turm zu Babel fällt

Wer Ohren hat zu hören, der höre
aber selektiv, sonst gilt es nicht
Blind sollst du glauben
und stumm hören
denn jedes deiner Worte
brennt im gnadenlosen Feuer
des zweiten Gebots.

Der Spielleiter ruft zur nächsten Runde
und die Lämmer folgen ergeben
Weide oder Schlachtbank
was macht das schon
solange jemand ruft
und wir uns fügen können

Amen

Freitag, 30. Oktober 2009

Mensch ärgere dich nicht

Es muss wohl so sein,
dass jemand sagt,
es ist zu viel,
wir machen Pause,
du darfst aussetzen.

Der Spielleiter -
wo bist du?
Wie soll das Spiel
ohne dich
weiter gehen?

Der wirklich böse Trick:
Es geht weiter
auch ohne dich.

Wer hätte das gedacht?
Wer hätte das gewollt?

Und wenn ich dich
einfach
hinaus werfe?
Setzt du dann
einmal aus
und würfelst wieder
einen Sechser?

Oder verschwindest du
von der Bildfläche?

Wir werden sehen…

Samstag, 17. Oktober 2009

Aus der Luft gegriffen

Ein Stückchen schlendern
durch’s nächtliche Wien.
Der Kragen hochgeklappt, aber
der Schirm in meiner Hand abgespannt.

Mich vom Regen küssen lassen
Seine Liebkosungen kitzeln
spitzfringrig meine Wangen,
prickelnd vertraut.

Der Klang einer Straßenkapelle
zieht mich auf den Graben
blind der Verlockung gehorchend
wie die Marionette dem Faden.

Im Eingang von Paul & Shark
drei alte Männer
verzaubern die Welt.
Die Häuser schimmern bunt
im Licht ihrer Lieder.
Meine Seele swingt leicht
im Takt.

Stehen bleiben
die Augen schließen
und fühlen, wie die Töne
auf meiner Haut schmelzen
wie frisches Erdbeereis.

Fünf Euro in die Sammelbox –
ist das der Preis für Glück?

Nach einer halben Stunde
mit aufgeladenen Batterien
meiner Wege gehen
federnden Schrittes
ein paar Zentimeter
über dem Boden.

Donnerstag, 15. Oktober 2009

Halloween


Im alten Schloss ist Geisterstund
hurra, hurra.
Gespensterjagd in euren Liedern,
ein fröhlicher Hexentanz,
es halloweent schon.

- Wer ist das da am Fenster? -
- Wie heißt er? -

Überlegen lächeln
trotz der Gänsehaut

- Da ist niemand. -

Ich will’s nicht wissen,
und wüsste ich’s,
würd ich’s nicht sagen.
Nicht jetzt schon.

Im alten Schloss ist Geisterstund
hurra, hurra.
Noch könnt ihr darüber lachen.
Noch.

Montag, 12. Oktober 2009

Overload

aus
ge
powert
durch
ge
brannt
kaputt
leere Augen
Spiralen im Kopf
Feuer im Rücken
burn
out
give
up
wenn ich nur aufhören
könnte
könnte
könnte
...

Dienstag, 6. Oktober 2009

Illusion

Morgen
werde ich
alles erledigen,
was ich heute liegen ließ;
alles genießen,
was ich heut übersehen;
alles erinnern,
was ich heute vergaß.

Morgen
verzeihe ich dem,
der mich heute verletzte;
knüpfe das Band,
das ich heute löste;
kehr ich zurück,
von wo heut ich geflohen.

Morgen
will ich
leben, was ich heute
träume;
lieben,
den ich heute mag;
glauben,
was ich heut bezweifle.

Morgen
bin ich kein Gedanke
kein Pulsschlag mehr
im warmen Bauch der Menschheit;
untergegangen im Meer
des Gewesenen.

Morgen –
des Menschen schönster Fluch
und größter Selbstbetrug.

Sonntag, 4. Oktober 2009

Herbstzeitlosen

Einst
war der Herbst
voller Nebelgespenster.

Ein Grau, das
gefräßig ins Innere drängt
mit dem Schwarz deiner Seele
sich vermählt
zu einem Loch, das sich selbst
verschluckt
und nichts lässt als
trockene Leere.

Jetzt
leuchtet der Herbst
in den Farben deiner Musik.

Spürst du im Rücken noch
den warmen Schein der Sonne,
der nach Kastanien riecht
und nach Kinderlachen.

Ein Weg, der
die Verheißung des Zieles
in sich trägt.
Und eine kleine Hand
in deiner.

An meine Freundin

Ich falle –
du stemmst dich dagegen.
Und so zart du bist,
es hält.

Meiner Tränen
muss ich mich nicht schämen,
weil ich sie bei dir
geborgen weiß.

Suche ich, so hilfst du mir
meine Wahrheit finden.
Sind wir glücklich,
feiern wir ein Fest.

Und auch ich
bin steter Gast in deinem Leben.
Tief hinein in deine Nöte, deine Ängste
holst du mich.

Ich darf dich fangen,
deine Kriege führen,
ein Stückchen kosten auch
von deinem Glück.

Unsere Welten
fließen ineinander
wo jedes Geben
auch ein Nehmen ist.

Und wir wissen,
über jedem Abgrund liegt ein Netz –
kompromisslose Freundschaft,
die trägt.

Reisende

Heimkehren
von einer langen Reise.
Die Koffer abstellen
den Staub aus den Kleinern schütteln.

Die Fenster öffnen,
damit der frische Wind von heute
die Alpträume von gestern vertreibt.

Spinnweben abstreifen
von Gegenständen, die einst geliebt.
Erinnerungen aus den Ecken holen
und sehen, ob sie noch lächeln.

Mit neuem Blick die alte Welt erfassen
erleichtert
und ein bisschen enttäuscht,
weil alles noch an seinem Platz –
hattest du weniger
oder mehr erwartet?

Und schließlich dann
auf deinen Lieblingssessel niedersinken
und zur Ruhe kommen
– endlich –
denn du bist zuhaus.

Dienstag, 29. September 2009

Hunger

Schwarze Löcher
sind hungrig
und ihr Hunger tut weh.

Doch wirfst du hin ihnen
ein Stück deiner Seele
- ein kleines nur, beim ersten Mal -
so schlucken sie
in nackter Gier das,
was du eben noch so sicher wähntest.

Und wie ein Kind
ertasten muss die neue, fremde Welt
so suchst du blind und ängstlich einen Weg
und stößt auf Leere nur,
die vor dir weicht.

Und schwankend fragst du dich,
was aus der Welt und dir geworden,
und ob der Abgrund einen Namen hat,
und ob der Hunger dein Verhängnis war
oder das Loch.

Sonntag, 27. September 2009

Kindheit

Es heißt,
die Kindheit sei glücklich.

Und doch
beginnt dein Tag
wie er endet
mit Tränen.

Warum weinst du?
Du weißt es nicht.
Kannst dich nicht finden
nicht mehr dort und
noch nicht hier

Dein Anker sucht
und greift ins Leere
Verloren treibst du
in der Welt
und weinst.

Flucht

Du bist satt
und sehnst dich
nach Hunger

Du bist sicher
und suchst
die Gefahr

Im hellen Sonnenlicht
verzehrst du dich
nach Dunkelheit

Du lächelst –
und tief in dir
reißt etwas an seinen Ketten
voll Ungeduld und Gier
sich frei zu machen,
deine Welt zu sprengen
und wild zu sein
und ganz
in seinem Leid.

Freitag, 25. September 2009

Herbst

Alt bist du
und ausgeleert.

Der Geruch von
Körperfunktionen
raubt mir den Atem

Du weißt nicht,
wer du einmal warst,
wer ich einmal war –
ist auch nicht wichtig,
zählt nicht.
Was zählt, ist die Qual.

- Kannst du mir helfen?
Wie komm ich hier heraus? -

Ich wünschte, ich könnte
die Last von dir nehmen,
dich befreien,
auch wenn du nicht mehr
Mensch genug bist,
darum zu bitten.

Namenloses Grauen
Person geworden
du warst einmal meine Oma.

Donnerstag, 17. September 2009

Parallelwelten

splittern sich auf
splittern ab
zersplittern

im hier und jetzt
irgendwo zwischen nie und immer

Splitter

tun weh
tun gut
lassen sich nicht abschütteln
wollen nicht abgeschüttelt werden
tun weh

Was wäre die welt
ohne die splitter
unserer parallelwelten?