Montag, 27. Juni 2016

Nuancen

Glück und Unglück
so nah beisammen
Nur eine Vorsilbe getrennt
einen Zentimeter verschoben
die Perspektive minimal verrückt

Schon wird Gemeinsamkeit
zu Einsamkeit
aus Freiheit
Abhängigkeit
ein ich Will zu einem
ich Muss

Wenn ich die Augen schließe
ist alles noch wie vorher
plätschert das Wasser
in freundlichem Türkis
spür ich die warme Hand der Sonne
auf meinem Rücken
heißt alles mich willkommen
ist alles gut

Öffne ich sie
hat sich die Welt verändert
Ein grauer Himmel
grinst mich hämisch an
Um mich das Chaos
fordernd, drohend
und nichts was mich
beim Namen nennt

So geh ich pflichtbewusst
mein Tagwerk an
trotze der Kälte die
durch meine Adern zieht
sehne mich frierend
nach der Sonne
und warte

Doch der Sommer
war nur
ein Traum

Dienstag, 14. Juni 2016

Regen



Manchmal überrascht uns
ein Regenguss
mit dem niemand
gerechnet hätte

Vor einem Moment noch
war der Himmel klar
alle Schutzschilde eingefahren
die Schirme zugeklappt
nur die Markisen offen

Und dann
ohne Vorwarnung
bricht es über uns herein
in verstörender Heftigkeit
gewaltig und gnadenlos und
wunderbar

Davonlaufen hätte keinen Sinn
und für Verstecken ist es zu spät
denn wir haben den Regen schon
unter der Haut

Also bleiben wir stehen
frierend und nass
fügen uns demütig den Elementen
und hoffen auf einen
Regenbogen

Montag, 13. Juni 2016

Invisible

Eigentlich
wollte ich immer fliegen
mich hoch oben in den Lüften wiegen
das Leben spüren

Jetzt denke ich
es wäre doch viel besser
unsichtbar zu sein

Den Tarnmantel fest um mich ziehen
die Augen schließen
den Lärm der Umgebung
gedämpft und undeutlich
an mir vorbeifließen lassen
wie in einem Traum

So würde ich dasitzen
ganz still
keinen Muskel regen
mit der Umgebung verschmelzen
und hoffen, dass mich das Leben
übersieht

Sonntag, 12. Juni 2016

Transit



Zwischen Koffern
die auf ihre Besitzer warten
oder auf Godot
falls der noch kommt

Zwischen Milchglasscheiben
die unverbindlich
und ohne sich wirklich zu deklarieren
trennen, was nicht zusammengehört
und doch einen Lichtschimmer durchlassen

Zwischen Schienen
die auseinander laufen und wieder zusammen
sich gegenseitig in die Quere kommen
und bis zum Schluss nicht wissen
ob sie in dieselbe Richtung streben
oder Gegenpole ansteuern

Zwischen Stationen
von denen jede richtig sein kann
und jede falsch
(aber keine verrät es dir vorher)

Zwischen unendlichen Möglichkeiten
die alles bergen und nichts versprechen
der Inbegriff der Freiheit
und Unvollkommenheit

Du hast dich noch nicht verlaufen
aber bist auch noch nicht
am Ziel

Donnerstag, 9. Juni 2016

Deep inside



Ein strahlendes Lächeln
ein fester Schritt
erfolgsverwöhnte Kompetenz und Sicherheit

Berufliche Anerkennung
happy family
der Wohlfühlfaktor könnte nicht höher sein

Und niemand ahnt
dass da noch mehr ist
ganz tief drinnen und gut versteckt

Ein wildes Regen
ungebändigt und grenzenlos
das viel mehr kann
und viel mehr will

Es bringt die Farben zum Leuchten
die Luft zum Vibrieren
die Seele zum Fliegen
schöpft direkt aus der Unendlichkeit

Doch es braucht Freiheit
will es nicht an sich selbst verbrennen
gequält von Leidenschaft und Sehnsucht
drängt es hinaus

Und dennoch muss es nun in Ketten liegen
sitzt eingekerkert
ganz tief drinnen und gut versteckt
damit es niemand sieht
und ist allein