Sonntag, 10. Februar 2019

Schmerz

Wie ein Schatten begleitest du
meine Tage und meine Nächte
unauslöschlich 
unvergesslich
omnipräsent

Zuweilen gelingt es mir
dich in den Hintergrund zu drängen
und für ein paar Stunden so zu leben
als gäbe es dich nicht

Doch kaum wiege ich mich in Sicherheit 
brichst du unvermittelt 
aus dem Hinterhalt hervor
setzt meine Nervenbahnen unter Strom
und erinnerst mich daran
dass du immer noch da bist

Und trotz der Verheerungen
die du in meinem Leben anrichtest
reiche ich dir die Hand
wie einem alten Freund 
Weil du zu mir gehörst

Und ich zu dir

Freitag, 9. November 2018

Mittelstrecke


Pool und Spielplatz stehn verlassen
Blätter leuchten farbenfroh
Und ich kann es gar nicht fassen:
Bald schon kommt der Nikolo!

Kinder schreiben fleißig Listen
an das Christkind, Wunsch um Wunsch
Amazon schickt fleißig Kisten
und die Großen trinken Punsch

Nach des Tages wildem Hetzen
logg ich mich auf Facebook ein
Denn es gilt, sich zu vernetzen
Jeder will bewundert sein

Mag die Kraft uns auch erlahmen
Unser Lichtblick ist nicht weit
Noch ein Selfie! Noch ein Posting!
Bald beginnt die stille Zeit




(Frei nach "Weihnachten"von Joseph von Eichendorff)
(c) Kaia Rose

Freitag, 2. November 2018

Wow! Ich bin im Finale!

Mein Gedicht "Exodus" ist im Finale der Planet Awards zum Gedicht des Jahres 2018! Gefällt es euch? Dann schenkt mir doch bitte eure Stimme! Abstimmen kann man täglich neu bis zum 28. November unter Finale Planet Awards 2018 . Weitersagen gerne erlaubt ;-)!

Und hier nochmal das Gedicht, um das es geht:



Exodus

Am Ende des Tages
verlassen wir
unsere Städte
kehren den stolzen Mauern
den Rücken
schenken die einst so wehrhaften Burgen
dem Wind

Kielaufwärts liegen jetzt
in versandeten Häfen
die mächtigen Dampfer
die vor Kurzem noch kraftstrotzend
unsere Hoffnungen
bis an den Horizont trugen

Nutzlos sind sie geworden
ihrer Bestimmung beraubt
Einsamen Walgerippen gleich
bleichen sie in der Sonne
und träumen von ihrer großen
Vergangenheit

Niemand erzählt mehr Geschichten
Mit dem letzten Schritt
der in den leeren Gassen
verklungen ist
hat das Vergessen Einzug genommen
Und das Vergessen
schweigt


Wir aber blicken nicht zurück

auf die Ruinen
die wir hinterlassen
Was kümmert uns
ihr stummes Leiden
Längst sind wir unterwegs
zu neuen Ufern
Längst singen wir
ein neues Lied






















Mittwoch, 31. Oktober 2018

Nachgeschmack

Sie waren einander immer im Weg gestanden. Sein übergroßer Schatten verdunkelte  ihr Licht. Ihr grelles Leuchten stahl seinem Dunkel die Show. Sie konnten einander nicht ertragen.

Sie lösten das Problem, indem sie einander aus dem Weg räumten. Getrennte Wege gingen. Stolz auf ihre Unabhängigkeit.

Aber ohne Schatten fand das Licht keine Grenzen. Und dem Dunkel fehlte die Zuflucht in der Sonne.

So hörten sie nicht auf, einander zu suchen. Umkreisten einander, ohne sich in die Augen zu blicken. Immer in der Erwartung, dass sich ihre Wege von selbst wieder kreuzen würden. Aber dies geschah nie.


Und sie warten noch heute.