Samstag, 17. März 2018

Bruchstücke

„Geh nicht“, bat er sie, aber er sagte es erst, als sie den Fuß schon auf die Schwelle gesetzt hatte und sie beide wussten, dass es zu spät war. Trotzdem tat es gut, diese Worte aus seinem Mund zu hören: „Geh nicht.“

Sie überlegte, was sie ihm antworten sollte, doch jeder Satz, der ihr in den Sinn kam, klang zu pathetisch, um ihn auszusprechen. „Ein Teil von mir wird immer bei dir sein“, wer sagt denn so etwas im echten Leben? Obwohl es die Wahrheit war.

Für einen Sekundenbruchteil erwog sie sogar zu bleiben. Aber damit würde sie weder sich noch ihm einen Gefallen tun. Jetzt, wo sie so weit gekommen waren. Jetzt, wo sie den Abschied zelebrierten und sich schon mit wohligem Schauer auf den Schmerz vorbereiteten, der danach kommen würde. Nein, bleiben war keine Option, jetzt nicht mehr.

Sie entschied sich dafür, nichts zu sagen. Aber sie blickte ihm in die Augen, direkt, wie sie es immer getan hatte. Sie ließ die Wärme zu, die immer noch zwischen ihnen wogte. Und lächelte ihn an. Er war überrascht, ein wenig verunsichert, und wagte nicht, ihr Lächeln zu erwidern. Aber sie kannte ihn. Sie wusste, wie gut es ihm tat.

Mit einem Mal wurde ihr klar, dass sie nicht nach Worten zu ringen brauchte. Alles, was gesagt werden musste, legte sie in ihr Strahlen. Sie war sicher, dass es in ihm fortwirken würde. Dies war der Grundstein, aus dem sie jederzeit, in ein paar Monaten oder in ferner Zukunft, eine neue Brücke würden bauen können. Sie schwor sich, dass sie ihm immer mit einem Lächeln begegnen würde, wann auch immer und wo auch immer sich ihre Wege kreuzen sollten. Darauf konnte er sich verlassen.

Seine Züge entspannten sich. Als hätte er ihre Gedanken gelesen. Jetzt begann auch er zu leuchten. Alles war gut. Sie drehte sich um und verließ das Haus.


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